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Misson to Mars

Der Mars fasziniert seit Menschengedenken. Kein anderer Planet ist uns näher, seine Erdähnlichkeit verblüfft. Für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler macht ihn das unwiderstehlich: Seit über 50 Jahren erkunden Raumsonden und Landefähren den roten Planeten.

 

Am 30. Juli 2020 startete die bislang ehrgeizigste Mars-Mission der NASA. An Bord befindet sich der Rover »Perseverance«. Das Fahrzeug ist unter anderem mit rund 20 Kameras ausgestattet und sogar mit einem Mini-Hubschrauber, der den Mars von oben erkunden soll. Erstmals sollen die dort gesammelten Gesteins- und Bodenproben auch zur Erde gebracht werden, von einer späteren Mission im Jahr 2031.

 

»Wir möchten besser verstehen, welche Risiken vom Staub des Mars ausgehen, eine essenzielle Voraussetzung für potenzielle menschliche Erkundungen.«

Demetrio López

 

An dem Mammutprojekt beteiligt ist Alter Technology (ATN), ein Tochterunternehmen der TÜV NORD GROUP. ATN ist ein weltweit führender Anbieter für die Beschaffung, Montage und den Test von mikro- und optoelektronischen Bauteilen – Komponenten, die in der Raumfahrt extrem gefordert werden. Für die »Perseverance«-Mission scharte Innovationsmanager Demetrio López ein zehnköpfiges Ingenieursteam aus Spanien und Großbritannien um sich. Im Gespräch erklärt er, was die Mission auszeichnet, wieso das gut eineinhalb Jahre dauernde Projekt ihn und seine Kollegen besonders forderte und was sie dabei lernten.

 

Herr López, haben Sie schon einmal davon geträumt, über den Mars zu spazieren?

Ich war schon immer ein rastloser Geist, Reisen zählt zu meinen liebsten Hobbys. Um also die Frage zu beantworten: Ja! Ich denke, es wäre wunderbar, durchs All zu fliegen und den Mars zu besuchen. Er war schon immer einer meiner Lieblingsplaneten. Es gibt so viele Mythen und Geschichten über ihn. Und er ist uns sehr nah.

 

Der Perseverance-Rover wird nach Spuren vergangenen Lebens suchen, das Klima und die Geologie des Planeten erforschen und Gesteinsproben nehmen, die später sogar zur Erde transportiert werden sollen. Wozu dieser Aufwand?

Das Fahrzeug wird eine Region auf dem Mars erkunden, die wahrscheinlich einmal die Voraussetzungen für Leben bot. Der Landeplatz ist ein Flussdelta, das vor schätzungsweise drei Milliarden Jahren austrocknete. Die Hoffnung ist, dort Spuren früherer Organismen zu finden. Die Mission trägt damit ganz allgemein dazu bei, unser Wissen über den Planeten und vielleicht auch über die Entstehung von Leben zu vergrößern. Außerdem helfen die Messungen und Experimente des Rovers, künftige bemannte Expeditionen vorzubereiten.

 

Was genau bedeutet das?

Durch die Mission möchten wir zum Beispiel besser verstehen, welche Risiken für Mensch und Material vom Staub des Mars ausgehen. Der Rover wird zudem Technologien testen, um eine kleine Menge reinen Sauerstoffs aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre herzustellen. Und schließlich testen wir eine verbesserte Technologie, um so präzise wie möglich zu landen. Für menschliche Erkundungen sind das essenzielle Voraussetzungen.

 

 

Die Materialien und Komponenten
des Rovers müssen extremen Bedingungen standhalten:

 

Stichwort Risiken. Welche Belastungen müssen Material und Technik auf der Mission aushalten?

Sehr viel dreht sich um die Zuverlässigkeit. Dabei sind vor allem vier Aspekte zu berücksichtigen: Erstens die starke elektromagnetische Strahlung, die während des Flugs zum Mars von der Sonne auf die Komponenten einwirkt. Dann die erheblichen Temperaturschwankungen auf dem Flug und auf dem Mars. Drittens die mechanische Belastung während Start und Landung und – last but not least – die lange Missionsdauer. Jeder dieser Aspekte war von entscheidender Bedeutung für unsere Arbeit: sowohl für die Auslegung der elektronischen Komponenten – also die Gestaltung der Bauteile im Hinblick auf ihre spätere Einsatzumgebung – als auch für unsere Tests und Analysen, die zur Prüfung und Freigabe der beteiligten Komponenten, Materialien und Prozesse notwendig sind.

 

Können Sie das noch etwas genauer fassen?

Es gibt zum Beispiel Tests, die die Wirkung von Strahlung auf verschiedene Geräte in Echtzeit simulieren. Dabei können wir auch die Temperatur- und Vakuumeigenschaften nachbilden, die möglichst exakt den tatsächlichen Betriebsbedingungen im Weltraum entsprechen. Wir haben die dafür notwendige technische Ausstattung in unseren Laboren. Und, das ist in meinen Augen mindestens ebenso wichtig, wir verfügen über die Erfahrung, wie die Testreihen aufgebaut sein müssen. Am Ende zählen zutreffende und aussagekräftige Resultate, die helfen, die reale Mission so sicher wie möglich ablaufen zu lassen.

 

Was war dabei für Ihr Team besonders herausfordernd?

Ich erwähnte ja bereits die Temperaturen. Die extrem dünne Atmosphäre des Mars sorgt dafür, dass es an einem einzigen Tag zu Temperaturschwankungen von bis zu 100 Grad Celsius kommen kann. Und auf dem Flug dorthin sind die Verhältnisse noch extremer. Alle Materialien und Komponenten, von den eher größeren mechanischen bis zur Mikroelektronik, müssen dem standhalten. Wir hatten die Aufgabe, spezifische Thermokammern zur Verfügung zu stellen und, darauf aufbauend, die Testwerkzeuge und -protokolle zu entwerfen.

 

»Wir verfügen über die Ausstattung, um die Bedingungen im Weltraum möglichst exakt zu simulieren – und über das Wissen, wie die Testreihen aufgebaut sein müssen.«

Demetrio López

 

Klingt so, als sei dafür in der Tat viel »Perseverance«, sprich: Ausdauer nötig.

(lacht) Ja, das kann man wohl sagen. Ich denke, auf das von uns entwickelte Laborkonzept können wir schon ein bisschen stolz sein. Wir haben nun ein deutlich besseres Verständnis, was die Zuverlässigkeit von Teilen und auch die Bedingungen und Mechanismen angeht, unter denen sie ausfallen können. Auf dieser Basis lassen sich Komponenten, Gehäuse und Montagemethoden umsichtig bewerten.

 

Was steuerte ATN noch bei?

Wir unterstützten zum Beispiel bei der richtigen Auswahl jener Teile des Rovers, die ausfahrbar sind; auch sie müssen natürlich den Umweltanforderungen auf dem Mars entsprechen. Speziell waren wir für die Validierung der Komponentenauslegung eines Windsensor-Gehäuses verantwortlich. Der Sensor ist Teil des sogenannten Mars Environmental Dynamics Analyzers (MEDA). MEDA wird helfen, die Staubgröße und -morphologie sowie das Wetter auf dem Mars zu messen und zu beobachten. Die Hoffnung ist, auf diese Weise Muster zu erkennen, die wiederum späteren bemannten Missionen helfen.

 

Was machen den Staub und das Wetter auf dem Mars besonders?

Der rote Staub besteht, soweit wir wissen, wesentlich aus Eisenoxid, er bedeckt den ganzen Planeten. In Form von Stürmen und Wolken verändert er je nach Jahreszeit die Temperatur mitunter sehr stark. Wie das aber genau geschieht, darüber wissen wir immer noch sehr wenig. Ganz zu schweigen von der Entstehung bisweilen gigantischer Stürme, die den gesamten Planeten einhüllen können.

 

Was wiederum sehr ungastlich klingt. Glauben Sie, dass Menschen jemals auf dem Mars leben werden?

Tja, wer weiß. Es mag der Mars sein oder auch ein anderer Planet. Das kann man heute nicht sagen. Die Erforschung des Weltraums ist insgesamt relativ neu für die Menschheit, und die Zukunft wird immer wieder aufregende Neuigkeiten über ferne Welten bringen. Ob wir auf diesen dann irgendwann leben können und wollen, ist eine weitergehende Frage. So oder so: Es gibt noch unendlich viel zu entdecken.