Die Besonderheiten des Einzelfalls sehen

Jens Bethge, freiberuflicher Psychologe beim Medizinisch-Psychologischen Institut von TÜV NORD Mobilität

Flexible Arbeitszeiteinteilung als freiberuflicher Psychologe

Als Verkehrspsychologe prüft Jens Bethge für das Medizinisch-Psychologische Institut (MPI) in Köln die Fahreignung von Personen, die wegen schweren Verstößen im Straßenverkehr aufgefallen sind. Er schätzt das selbstbestimmte und eigenverantwortliche Arbeiten, das ihm seine Freiberuflichkeit ermöglicht.

 

88.000 Medizinisch-Psychologische Untersuchungen (MPU) wurden 2017 in Deutschland durchgeführt. Wer beispielsweise mit mehr als 1,59 Promille am Steuer aufgefallen ist oder einen anderen schweren Verkehrsverstoß begangen hat, für den ist eine MPU die einzige Möglichkeit, die Fahrerlaubnis wiederzuerlangen. Neben einer medizinischen Untersuchung und einem Leistungstest ist ein psychologisches Gespräch Teil jeder MPU, das von Expertinnen und Experten wie Jens Bethge durchgeführt wird. Der Verkehrspsychologe, Jahrgang 1964, arbeitet freiberuflich für das Medizinisch-Psychologische Institut (MPI) in Köln.

Ein Arbeitstag mit Klientengesprächen beginnt auf seinen Wunsch hin in der Regel um 9 Uhr und endet am Nachmittag. „Viele sehen das Psychologengespräch als größte Hürde bei der MPU. Deshalb erläutere ich jedem Klienten oder jeder Klientin zunächst genau den Ablauf und erkläre, dass er oder sie im Rahmen dieses Gesprächs die Chance hat, Zweifel an der Fahreignung auszuräumen“, sagt Bethge, der sein Gegenüber immer zu offenen, ehrlichen Angaben animiert. „Verschweigen bringt hier nichts. Jemand, der mit hohem Promillewert hinter dem Steuer erwischt wurde und nicht zugibt, dass er früher auch schon getrunken hat, macht sich damit unglaubwürdig. Wer regelmäßig viel trinkt, sollte das auch zugeben“, so der Psychologe. Viele Klientinnen und Klienten seien nicht abhängig. „Aber sie haben Angst, in diese Schublade gesteckt zu werden.“ Bethge, der seit 1995 für TÜV NORD arbeitet, kann hierbei auf viel Erfahrung zurückgreifen. Im Gespräch geht es nicht nur um das jeweilige Delikt, sondern auch um die persönliche Vorgeschichte und im Falle einer Alkoholfahrt beispielsweise auch um Trinkgewohnheiten, Trinkmotive und vor allem darum, ob es seit dem Verstoß eine Verhaltensänderung gab und wie derjenige in Zukunft Trunkenheitsfahrten vermeiden will. Außerdem spricht Bethge mit dem Klienten oder der Klientin über Rückfallgefahren und Risikosituationen. Obwohl der Ablauf der Gespräche immer ähnlich ist, empfindet der Psychologe keine Langeweile im Arbeitsalltag. „Die Menschen, mit denen ich spreche, sind schließlich immer anders.“

 

Als freiberuflicher Psychologe bestimme ich selbst, wo ich arbeite, wann ich Urlaub habe und wie viele Fälle ich übernehme.

Jens Bethge, TÜV NORD Mobilität

 

Ein Gutachten sollte gemäß den amtlichen Anforderungen innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Vorliegen aller Unterlagen erstellt werden. Wie das Ergebnis ausfällt, erfährt der Klient oder die Klientin aber häufig schon am Ende des Gesprächs. Laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) fallen jährlich ca. 50 bis 60 Prozent der Begutachtungen positiv aus, 30 bis 40 Prozent negativ und in etwa 5 bis 10 Prozent wird eine Nachschulung empfohlen. Bethge bemüht sich, schon im Verlauf des Gesprächs an geeigneten Stellen deutlich zu machen, welches Ergebnis zu erwarten ist. „Damit es am Ende keine völlige Überraschung gibt. Außerdem mache ich die Beurteilungskriterien transparent, welche bundesweit einheitlich geregelt sind. Viele haben vorab auch eine Schulung zur MPU besucht und sind gut vorbereitet“.

Bethge hat immer schon freiberuflich gearbeitet, weil er die damit verbundenen Freiheiten schätzt. „Zwar verbringe ich auf meinen Arbeitswegen recht viel Zeit im Zug und im Auto, dafür bestimme ich als freiberuflicher Psychologe selbst, wo ich arbeite, wann ich Urlaub habe und wie viele Fälle ich übernehme.“ Zwei bis drei Tage pro Woche ist der Verkehrspsychologe in seinem Büro zuhause anzutreffen, von wo aus er seine Gutachten schreibt. „Wichtig ist, auch als Freiberufler jederzeit Nein sagen zu können. Zusätzliche Untersuchungstage wirken sich zwar positiv aufs Konto, aber negativ auf die eigene Freizeit aus. Wenn man das über einen längeren Zeitraum macht, führt das zu einer gewissen Abstumpfung und Unzufriedenheit.“ Seine Wochenenden bewahrt er sich deshalb.

Neben seiner Tätigkeit als Verkehrspsychologe für TÜV NORD betreibt Bethge eine kleine Personalberatungsagentur, in der er für Unternehmen Eignungsgutachten von Bewerberinnen und Bewerbern erstellt. Immer wieder fällt ihm auf, dass sich die Kundinnen und Kunden nicht zufällig für eine MPU bei TÜV NORD entscheiden. „Es gibt das Unternehmen schon so lange, der Vertrauensvorschuss ist groß. Entsprechend viel Wert legt das MPI auf Kundenorientierung und die Qualität ihrer Dienstleistung. Zur Transparenz trägt auch die Kontrolle von außen durch die Bundesanstalt für Straßenwesen bei. Die Stimmung in den Untersuchungsstellen ist immer gut und ich persönlich versuche immer eine angenehme Gesprächsatmosphäre mit den Kunden zu schaffen, die ja ohnehin schon nervös sind, wenn sie zum MPI kommen.“