3. Handelsperiode startet schwerfällig: „Ich bin zuversichtlich, dass sich alles einspielt“

Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, Treibhausgase zu reduzieren, haben die Länder der Europäischen Union den gemeinsamen Emissionshandel etabliert. 2013 hat die nunmehr dritte Handelsperiode begonnen und Eric Krupp - Leiter Klimaschutz Deutschland - schildert im Interview seine Erfahrungen.

Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, Treibhausgase zu reduzieren, haben die Länder der Europäischen Union den gemeinsamen Emissionshandel etabliert. 2013 hat die nunmehr dritte Handelsperiode begonnen – mit einigen Änderungen, die für die betroffenen Unternehmen nicht immer leicht umzusetzen waren und sind. Eric Krupp ist Leiter Klimaschutz Deutschland bei TÜV NORD und begleitet für die Prüfstelle Anlagenbetreiber schon seit acht Jahren. Er schildert im Interview seine Erfahrungen.

Herr Krupp, wenn man auf das Thema Klimazertifikate schaut, was hat sich auf europäischer Ebene geändert?

Eric Krupp: Auffällig ist, dass die Europäische Union die Richtlinien jetzt durch Verordnungen konkretisiert hat. Der Zwischenschritt, dass die Richtlinien vor ihrer Gültigkeit erst in nationales Recht implementiert werden mussten, fällt weg. Mit der Monitoring-Verordnung für Anlagenbetreiber und der Akkreditierungs- und Verifizierungs-Verordnung für die Prüfstellen liegt nun ein europäisches Regelwerk vor, das von den Mitgliedsländern nicht in nationale Gesetzgebung überführt werden muss und so zur Harmonisierung innerhalb des EU-Emissionshandels beiträgt.

Man könnte meinen, in der dritten Handelsperiode sollte sich langsam alles eingespielt haben… Braucht es da tatsächlich so viele Arbeitsanweisungen?

Es hat sich ja nicht nur das System der Gesetzgebung geändert. Den Änderungen auf Gesetzesseite folgen auch Änderungen im Ablauf. Wesentlich ist, dass sich die zuständige Behörde in Deutschland geändert hat. Wo früher Landesbehörden zuständig waren, prüft jetzt die DEHSt, die Deutsche Emissionshandelsstelle, als Bundesbehörde.

Was bedeutet das für die Anlagenbetreiber?

Früher waren Sachbearbeiter der Landesbehörden zuständig. Diese waren in der Regel näher an den Anlagen dran, weil sie die Genehmigungsverfahren auch nach anderen Rechtsnormen zu überwachen hatten. Sie kannten die Anlagen und ihre Tücken und konnten die Angaben im Überwachungsplan oft praxisnah einordnen.

Jetzt betreuen bei der DEHSt in Berlin rund 50 Sachbearbeiter etwa 1.900 Anlagen. Auch wenn die Sachbearbeiter noch so kompetent sind, kennen sie die spezifische Anlage in der Regel nicht. Sie müssen zahlreiche Überwachunspläne abarbeiten, orientieren sich aber im Wesentlichen an den eingereichten Unterlagen. Das führt oft zu Nachfragen.

Viele Anlagenbetreiber haben moniert, dass die Genehmigung oft lange auf sich hat warten lassen…

Das stimmt. Im ersten Jahr der Handelsperiode wurden viele Überwachungspläne erst spät genehmigt. Das hat natürlich zu einem hohen Zeitaufwand bei den Anlagenbetreibern geführt und zu großem Druck. Die späte Genehmigung hat zur Folge, dass ein Betrieb oft nicht weiß, ob die Überwachung der THG-Emissionen stimmig ist. Wenn die DEHSt die Genehmigung im September ablehnt, werden neun Monate womöglich falsch überwacht und die Daten aus der Vergangenheit können vielleicht nicht mehr auf das genehmigte Monitoring überführt werden. Für uns als Verifizierer bedeutet das, dass wir keinen genehmigten Überwachungsplan haben, auf den wir die Verifizierung abstützen können. Hier kann nur gegen die Anforderungen der Monitoring-Verordnung geprüft werden. Das bedeutet auch für uns viel Arbeit.

Klingt nicht nach rosigen Zeiten...

Naja, man muss hier sicherlich differenzieren. Die Zuständigkeiten haben sich geändert und da muss man der DEHSt zugestehen, dass sich Prozesse erst einspielen müssen. Wer den Überwachungsplan für seine Anlage einmal sauber erstellt und genehmigt bekommen hat, wird in den kommenden Jahren sicherlich weniger Aufwand haben als im vergangenen Jahr. Ich bin zuversichtlich, dass sich alles einspielt. Trotzdem muss man darauf achten, dass jede Änderung an der Anlage Auswirkung auf die Genehmigung des Überwachungsplan haben kann.

Steigen Sie da noch durch?

Ja, das tue ich. Es ist aber erforderlich, sich immer wieder mit den neuen Aspekten intensiv und regelmäßig auseinanderzusetzen. Ich lerne beim Kunden täglich dazu. Das macht mir Spaß und den Reiz meiner Arbeit aus.

Welche Rückmeldung bekommen Sie von den Anlagenbetreibern?

Wir haben im September zu einem TEHG-Forum eingeladen, an dem nahezu 60 Vertreter von Anlagenbetreibern teilgenommen haben, einige haben auch referiert. Dabei kamen mehrere Themen zur Sprache. Zum einen wurde bemängelt, dass die Überwachung von Kleinstquellen wie Notstromdiesel, Feuerlöschdiesel oder Zündgas schlecht gelöst ist. Diese sind schwer zu überwachen und oft steht der Aufwand nicht im Verhältnis zu den Emissionen, die diese Quellen verursachen.

Als weiteres Problem wurde die Systematik der Überwachungspläne genannt. Insbesondere dass man keine Versionierung hat. Jeder Betreiber kann jederzeit seine Versionen frei benennen. Das hat im vergangenen Jahr zu Verwirrungen geführt, denn gerade wenn ein Überwachungsplan oft geändert werden musste, konnte die Änderungshistorie nicht einfach nachvollzogen werden. Einige Anlagenbetreiber haben bereits freiwillig eine Änderungshistorie erstellt, weil es immens Zeit spart, wenn man nicht suchen muss.

Und schließlich wird das Verfahren zur kostenlosen Zuteilung der Emissionsrechte kritisch beäugt. Es ist kompliziert geworden. Es gibt in der 3. Handelsperiode ein Modell auf Basis von Benchmarkwerten, aber die Werte sind nunmehr auf einzelne abstrakte Zuteilungselemente anzuwenden. Sind bestimmte definierte Tätigkeiten einer Produktion nicht im Benchmarkwert enthalten, dann muss der Wert individuell neu berechnet werden. Insbesondere bei Wärme als Zuteilungselement gibt es komplizierte Regelungen, hier hinsichtlich der Frage, wer eine kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten beantragen darf.

Weiterhin muss der Anlagenbetreiber nicht nur den Emissionsbericht fristgerecht und verifiziert abgeben, sondern auch jährlich eine Mitteilung zum tatsächlichen und vorgesehenen Betrieb. Werden Zuteilungselemente ganz oder teilweise stillgelegt, muss dies adhoc der zuständigen Behörde mitgeteilt werden. Andersherum sollten Anträge für kostenlose Zuteilungen für Kapazitätserweiterungen gestellt werden. Hierbei sind die komplexen Zuteilungsregeln zu beachten.

Welche konkreten Empfehlungen für den Alltag können Sie den betroffenen Unternehmen mit auf den Weg geben?

Zum Beispiel, ihr CO2-Monitoring nicht gesondert im Unternehmen aufzuhängen, sondern in vorhandene Berichtssysteme einzubinden. Dies kann zum Beispiel innerhalb eines zertifizierten Energiemanagement-Systems vollzogen werden.

Außerdem sollten Anlagenbetreiber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Auge behalten. Es gibt noch zahlreiche offene Fragen, die die Gerichte beschäftigen. Zum Beispiel zuteilungsrelevante Rechtsfragen, insbesondere hinsichtlich des sektorübergreifenden Kürzungsfaktors der Zuteilungsmenge sowie Interpretationsfragen der neuen Verordnungen. Da wird sich vermutlich noch einiges tun.

Vielen Dank für das Gespräch.

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