Feierlicher Festakt zur Schließung der letzten bergmännischen Berufskollegs

Mit dem Betriebsende der letzten beiden bergmännischen Berufskollegs in Recklinghausen und Bergkamen geht eine langjährige und für die Region prägende Ära zu Ende.

Mit dem Betriebsende der letzten beiden bergmännischen Berufskollegs in Recklinghausen und Bergkamen geht eine langjährige und für die Region prägende Ära zu Ende. In einer feierlichen Abschlussveranstaltung in Recklinghausen wurde die besondere Bedeutung des bergmännischen Berufschulwesens noch einmal herausgestellt. Zu den vielen Gästen aus Politik und Wirtschaft gehörten unter anderem die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer und der Vorstandsvorsitzende der RAG AG, Peter Schrimpf.

Legt man die Gründung der allerersten Bergschulklasse 1816 in Bochum zugrunde, geht am 3. Juli eine über 200-jährige Tradition zu Ende. Dass dieser Tag kommen würde, stand bereits 2010 fest. Der Schulträger, TÜV NORD College, hatte die Aufgabe übernommen, den geplanten sukzessiven Schließungsprozess durchzuführen. „Dieser Herausforderung haben wir uns gestellt und dabei zwei Ziele verfolgt: Zum einen war es für uns als Schulträger wichtig, die abschlussbezogenen Erwartungen der noch rund 600 Schülerinnen und Schüler bis zum letzten Tage in der gewohnt hohen Qualität zu gewährleisten. Andererseits mussten natürlich für die Lehrkräfte und weiteren Beschäftigten Anschlusslösungen gefunden werden. Dies ist beides gelungen“, erklärt Jürgen Halank, Vorsitzender der Geschäftsführung von TÜV NORD College.

Bergmännische Berufskollegs leisteten Pionierarbeit

Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, wie prägend die bergmännischen Berufskollegs für die Region und für das gesamte deutsche (Aus)Bildungssystem waren: Bereits im 19. Jahrhundert erkannten Bergbaudirektoren die Relevanz einer Ausbildung für „ihre“ Bergmänner, sie sollten Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Diese Bildungsidee wurde immer weiter ausgebaut – Bergbauunternehmen schlossen sich zusammen, um jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen. Die ersten bergmännischen Berufsschulen entstanden – und haben damit maßgebliche Pionierarbeit für das duale Ausbildungssystem und für die Idee, den eigenen Nachwuchs aus- und fortzubilden, geleistet. Das gemeinsame Handeln von Lehrern mit Schüler- Eltern-, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern prägte die außergewöhnliche Bildungsleistung der bergmännischen Berufsschulen und legte den Grundstein für die Ausbildungsstrukturen anderer Berufsfelder.

Steter Wandel im Zeichen der technischen Innovationen

Großer Motor für die Entwicklung der Unterrichtsinhalte war immer wieder das Thema der Arbeitssicherheit. In enger Zusammenarbeit erweiterten Bergbauunternehmen und Schulen den Lehrplan und passten ihn an die sich stets ändernden Anforderungen des Bergbaus an. Auch technische Innovationen trugen dazu bei, schulische Inhalte auszugestalten. Mit dem Rückgang der bergbauspezifischen Schulbildung im dualen System gewannen die 2 Berufsbilder Industriemechaniker, Elektrotechniker und Mechatroniker an Bedeutung. Also Berufe, die in der freien Wirtschaft gefragt sind. Im Bewusstsein ihrer gesellschaftlichen Verantwortung leisteten die bergmännischen Berufskollegs auch ihren Beitrag zum Strukturwandel, indem sie sich weiteren Berufsfeldern, beispielsweise der schulischen Ausbildung für den Dienstleistungssektor, öffneten.

Qualifizierte Schülergenerationen

Die beiden Berufskollegs in Bergkamen und Recklinghausen gelten zurecht als „Schulen des Reviers“: Ihre Einzugsgebiete beschränkten sich nicht nur auf die jeweiligen Standorte, sondern deckten die gesamten Kreise Unna und Recklinghausen sowie Dortmund ab. In starken Jahrgängen füllten bis zu 15.000 Schülerinnen und Schüler die Klassenräume. Noch bis zum Tag der Schließung wissen handwerkliche und mittelständische Unternehmen die Absolventen der Berufskollegs zu schätzen – hierunter finden sie neben den gesuchten Facharbeitern auch hochqualifizierte Schichtleiter, Maschinenbautechniker oder Elektrotechniker. Das durchlässige Schulsystem trug stets dazu bei, dass Absolventen auf verschiedenen Weiterbildungswegen bis in die mittlere Führungsebene gelangen oder einen Ingenieurstatus erreichen konnten.

Blick in die Zukunft

Das gemeinnützige Unternehmen TÜV NORD College hat unter der Geschäftsführung von Jürgen Halank und Gregor Hörster parallel zum Schließungsprozess der bergmännischen Berufskollegs neue Themenfelder erschlossen und widmet sich mit seinen mittlerweile zehn Fachseminaren für Altenpflege den vielfältigen Themen im Bereich der Gesundheit und Pflege. Jürgen Halank und Schulleiter Klaus-Peter Rüsing verabschieden sich zum Ende des Monats in den Ruhestand.

Begleitpublikation

Pünktlich zum Festakt erscheint die Begleitpublikation „Zur Geschichte der Bergberufsschulen im Ruhrgebiet“ (Hrsg. TÜV NORD College, Autoren Prof. Dr. Karl Eckart, Wolfgang Koschei, Thorsten David). Das Buch bietet einen ausführlichen historischen Einblick in die Entwicklung der bergmännischen Fortbildungsschule der Westfälischen Berggewerkschaftsklasse (WBK) zum Berufskolleg TÜV NORD College. Die Publikation wird in öffentlichen Institutionen wie Museen, Bibliotheken, etc. zugänglich sein.

 

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