Harte Maßnahmen gegen Müdigkeit am Steuer

Wachschütteln, Kälte oder Lichtdusche: Was schläfrige Fahrer wieder munter macht

Zu den verbreitetsten Maßnahmen bei Müdigkeit am Steuer zählen laute Musik, starker Kaffee und ein Schläfchen. Koffein und ein kurzes Nickerchen (in dieser Reihenfolge) haben sich zwar als wirksam erwiesen, berichtete Dr. Ralf Buchstaller von TÜV NORD. Doch sie haben auch ihre Kehrseiten: Nach einem Nickerchen leidet mancher unter Schlaftrunkenheit, und bei größerem Schlafdefizit hilft auch Kaffee nur kurzzeitig. Forscherinnen und Forscher suchen deshalb nach weiteren Muntermachern.

Da müde Fahrer häufig von der Spur abkommen, testete ein internationales Team in Schweden so genannte Rüttelstreifen am Straßenrand. Diese weckten die Probandinnen und Probanden im Fahrsimulator tatsächlich kurzzeitig auf – allerdings nur beim ersten Mal. Selbst mit starken Reizen komme man gegen Schläfrigkeit kaum an, so das Fazit. In einem anderen Experiment versuchte ein Team von BMW und der TU Chemnitz, Versuchspersonen am Steuer mit kühler Luft wachzuhalten. Dazu wurde 17 Grad kalte Luft in den zuvor 23 Grad warmen Fahrsimulator eingeführt. Am effektivsten war eine drei Minuten andauernde Abkühlung, aber auch diese sorgte nur kurzzeitig für Abhilfe.

Mehr verspricht man sich derweil von einer anderen Maßnahme: einer intensiven »Lichtdusche«. Deren Effekt auf die Wachsamkeit am Steuer belegten unter anderem Psychologinnen und Psychologen der kanadischen Simon Fraser University 2017. Sie setzten ihre Versuchspersonen nach einer schlaflosen Nacht im Labor entweder einem Dämmerlicht von 35 Lux oder dem hellem Licht von 5600 Lux aus. Nach der Intensivbestrahlung fuhren die Versuchspersonen sicherer und bauten weniger Unfälle.

Ein Team aus Frankreich und Schweden verglich die Effekte der Lichtdusche mit der von Koffein. 40 männliche Probanden fuhren dazu nachts zwei Mal 400 Kilometer auf einer Autobahn. Während der Pause wurden sie entweder mit koffeinhaltigem oder mit koffeinfreiem Kaffee versorgt oder mit kurzwelligem blauen Licht bestrahlt. Ob Licht oder Koffein: Sie kamen nur rund halb so oft von der Spur ab wie Teilnehmer, die keinen der beiden Wachmacher genossen hatten. Weiteren Befunden zufolge addiert sich der Effekt von Licht und Koffein sogar: Gemeinsam wirken sie noch besser als jedes für sich – solange es um schnelle Reaktionen geht, nicht aber um präzise Manöver.

»Leider ist auch Licht kein Universalmittel«, sagt Dr. Buchstaller von TÜV NORD.
Bei manchen Menschen reagieren die Augen empfindlich darauf, und mit steigendem Alter scheine die Wirkung ohnehin abzunehmen. »Man muss immer die individuelle Konstitution berücksichtigen«, sagt der promovierte Psychologe. Müden Autofahrerinnen und Autofahrern legt er deshalb eine andere Alternative nahe: »die öffentlichen Verkehrsmittel«.

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