Mehr Patientensicherheit und Transparenz: Neue EU-Verordnung im Medizinprodukterecht fordert Unternehmen zum Handeln auf

08. Oktober 2019 | Bildung: Medizinprodukte nehmen in der Behandlung von Patienten eine wesentliche Rolle ein.

Medizinprodukte nehmen in der Behandlung von Patienten eine wesentliche Rolle ein und sind fester Bestandteil der modernen Gesundheitsversorgung. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt, dass es etwa 400.000 verschiedene Medizinprodukte gibt – von hochspezifischen Instrumenten in der Chirurgie bis hin zu dem Verbandsmaterial in der Hausapotheke. Damit diese Produkte den höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen und um im Markt für Qualität und Transparenz zu sorgen, hat die Europäische Union eine neue Verordnung, die „Medical Device Regulation“ (MDR), erlassen. Nach einer dreijährigen Übergangsfrist ersetzt sie die aktuell gültigen Richtlinien für Medizinprodukte (93/42/EWG, international auch „Medical Device Directive“, kurz MDD, genannt) und für aktive implantierbare Medizinprodukte (90/385/EWG), und tritt ab Ende Mai 2020 in Kraft. TÜV NORD Akademie erklärt, was sich durch die neue EU-Verordnung ändert und rät Unternehmen, sich zeitnah auf die Veränderungen einzustellen. 

Der Zeitplan für die Einführung der neuen EU-Verordnung 2017/745/EU über Medizinprodukte sieht wie folgt aus: Bereits im Mai 2017 erhielt sie allgemeine Gültigkeit. Bis 2020 läuft die Übergangsphase. Und in zirka acht Monaten, ab dem 26. Mai 2020, ist sie für alle Produkte verpflichtend. Roland Katholing, Produktmanager bei der TÜV NORD Akademie erklärt, was das für deutsche Unternehmen bedeutet: „Im Gegensatz zu einer Richtlinie haben Mitgliedsstaaten bei einer Verordnung keinen gesetzlichen Spielraum bei der Umsetzung, da die Verordnung direkt rechtswirksam ist. Sie muss im Gegensatz zu einer Richtlinie also nicht durch entsprechende Gesetze in nationales Recht umgesetzt werden. Dadurch sollen europaweit die gleichen Gesetze und Standards gelten.“ In Deutschland ist aktuell noch das Medizinproduktegesetz (MPG), als nationale Umsetzung der bisherigen Richtlinien, gültig. Dieses soll nach aktuellem Stand ab Mai 2020 durch das neue Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MDG) ersetzt werden. 

Was ändert sich durch die neue Verordnung?
 

„Wer Medizinprodukte für den europäischen Markt herstellt und/oder verkauft, muss sich frühzeitig mit den neuen verschärften Anforderungen vertraut machen, denn die Änderungen sind vielfältig“, sagt Katholing. Dazu gehört zum Beispiel, dass verschiedene Medizinprodukte zukünftig anders klassifiziert werden. Auch die Anforderungen an die klinische Prüfung und Bewertung werden detaillierter geregelt. Außerdem wird es anspruchsvolle Dokumentations- und Nachweispflichten geben. So soll zum Beispiel jedes Medizinprodukt eine unverwechselbare Identifikationsnummer erhalten. 

Was wird aus den in Deutschland bekannten Positionen „Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte“ und „Medizinprodukteberater“? 

Der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte und der Medizinprodukteberater sind eine rechtliche Besonderheit des bisherigen Medizinproduktegesetzes, die es nur in Deutschland und Österreich gibt. Der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte sammelt und bewertet Meldungen über Risiken bei Medizinprodukten und koordiniert die daraus folgenden Maßnahmen. Der Medizinprodukteberater informiert Fachkreise über Medizinprodukte und deren Handhabung. Die neue EU-Verordnung verpflichtet nun in Artikel 15 Unternehmen, mindestens eine verantwortliche Person zu benennen, die dafür zuständig ist, dass Regulierungsvorschriften eingehalten werden. Diese sogenannte „Verantwortliche Person“ oder „Qualified Person“ trägt mehr Verantwortung und muss umfangreicher qualifiziert sein als der bisherige Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte. Entsprechend braucht diese Person ein naturwissenschaftliches Hochschulstudium oder mehr als vier Jahre Berufserfahrung in Regulierungsfragen oder Qualitätsmanagementsystemen, um sich rein formell zu qualifizieren. Zuvor reichte eine mindestens zweijährige Berufserfahrung aus, die naturwissenschaftliche Ausbildung war optional. Durch die neuen Regelungen ergeben sich sowohl neue haftungsrechtliche Fragen für die Medizinprodukthersteller, als auch für die „Verantwortliche Person“ selbst. 

Anders ist die Situation in Bezug auf den Medizinprodukteberater: Laut dem Entwurf des neuen Medizinprodukte-Durchführungsgesetzes (MDG) bleibt diese Position auch weiterhin erhalten. 

Wie sollten Hersteller von Medizinprodukten weiter verfahren? 

Der 26. Mai 2020 ist aus unternehmerischer Sicht für Veränderungsprozesse nicht mehr weit entfernt und fordert Hersteller auf, zeitnah zu handeln. „Viele neue Anforderungen, wie beispielsweise die neue ‚Verantwortliche Person‘, sind durch die Medical Device Regulation und den Entwurf des neuen MDG bereits konkretisiert. Wir empfehlen jedem Betroffenen, sich rechtzeitig über die neuen Herausforderungen zu informieren und Mitarbeiter für die neuen Aufgaben zu qualifizieren“, sagt Roland Katholing. 

Für Interessierte bietet TÜV NORD Akademie eine Fachtagung und aktuelle Weiterbildungen zum neuen Medizinprodukterecht, speziell auch für die neue Position der „Verantwortlichen Person“ nach Artikel 15 MDR an. Weitere Informationen finden Sie hier: 

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