Welcher Chronotyp bin ich?

Unsere innere Uhr bestimmt, wann wir abends müde und morgens munter werden. Ob sie eher schnell oder langsam tickt, liegt zum Teil in den Genen. Deshalb kann man die innere Uhr eines Menschen sogar an seinen Haarwurzeln ablesen.

Morgenmenschen fällt der Start in den Tag leicht. Sie sind frühmorgens schon wach, fahren munter zur Arbeit. Da liegen Nachtmenschen noch im Tiefschlaf – sie laufen dafür abends zu Höchstform auf. Im Volksmund heißen die Morgenmenschen »Lerchen«, die Nachtmenschen »Eulen«. Fachleute sprechen von frühen und späten »Chronotypen«. Viele neigen ein wenig zum frühen oder zum späten Typ, sagt Philip Frieg vom Medizinisch-Psychologischen Institut des TÜV NORD in Dortmund. Aber nur wenige zählen zu den Extremen: „Eulen und Lerchen sind seltene Vögel."

Hinter dem Chronotyp eines Menschen steckt seine innere Uhr: „Sie bestimmt, wann wir normalerweise morgens wach und abends müde werden“, erklärt der promovierte Psychologe. Sie sorgt dafür, dass der Körper am Abend das Schlafhormon Melatonin ausschüttet und am Ende der Nacht das Stresshormon Cortisol. Und sie gibt auch den Takt vor für das Auf und Ab von vielen anderen Funktionen wie Blutdruck, Körpertemperatur und Verdauung.

Beim Frühtyp tickt die innere Uhr allerdings etwas schneller, beim Spättyp etwas langsamer“, berichtet Philip Frieg. Der natürliche Rhythmus ist nicht genau auf Tageslänge geeicht, sondern auf ungefähr 24 Stunden – mehr oder weniger. Die Uhr folgt außerdem nicht allein ihrem natürlichen »zirkadianen« Rhythmus, sondern passt sich der Umwelt an, vor allem dem Wechsel von Licht und Dunkelheit. Die innere Uhr ist ein Gemeinschaftsprojekt: Innere und äußere Zeitgeber bestimmen den Takt gemeinsam. Und genau genommen gibt es nicht nur eine Uhr.

Die Zentraluhr sitzt im Gehirn und ist ungefähr so groß wie ein Reiskorn. Sie besteht aus vielen Tausend Nervenzellen, und mit ihr synchronisieren sich Millionen weitere Zellen im Körper, beispielsweise in der Haut und in den Organen. Ohne Zentraluhr würden diese Zellen im Rhythmus ihrer eigenen kleinen Zell-Uhren ticken, dirigiert von rund einem Dutzend Genen in den Zellkernen. Deshalb ist der Chronotyp auch erblich: Er liegt laut Schätzungen ungefähr zur Hälfte in den Genen.

Wie finde ich meinen Chronotyp heraus?

Über diese »Uhren-Gene« kann man den eigenen Chronotyp heute anhand einer einzigen Haar- oder Blutprobebestimmen. Dazu werden aus den Zellen der Haarwurzeln Botenmoleküle der DNA extrahiert, die zeigen, wie aktiv bestimmte Gene gerade sind. Weil diese Gene ihren Aktivitätsgipfel immer zu bestimmten Tageszeiten haben, können die Forschenden daraus auf den Chronotyp schließen.

Will man den Chronotyp ganz genau bestimmen, wird der Spiegel des Schlafhormons Melatonin im Blut gemessen. Bei extremen Morgen- oder Abendmenschen steigt der Pegel abends bis zu zwei Stunden früher oder später an als im Durchschnitt. Melatonin zu messen, ist allerdings sehr aufwändig, weil man dafür einen Abend lang mehrere Blutproben im Labor nehmen muss.

Einfacher ist es, sich selbst zu beobachten, etwa bei einem Zelturlaub in der Natur, wenn der Körper ein paar Tage Zeit hatte, sich ohne äußere Zwänge auf seinen natürlichen Rhythmus einzupendeln. Außerdem können Fragebögen helfen, den Chronotyp anhand von Selbstauskünften einzuschätzen. Wann fühle ich mich müde, wann leistungsfähig? Wann schlafe ich im Urlaub ein, wann werde ich morgens wach, wenn ich nicht aufstehen muss? Wann man im Alltag »normalerweise« ins Bett geht und aufsteht, ist weniger aussagekräftig. Denn das hängt häufig von anderen Dingen ab, zum Beispiel wann morgens die Arbeit beginnt oder wie lange man abends unterwegs ist.

Einen »Normaltyp« gibt es nicht

Laut Selbsteinschätzungen von mehr als 200.000 Menschen sind weniger als zehn Prozent frühe Chronotypen und zirka 20 Prozent späte Chronotypen: Sie schlafen mindestens anderthalb Stunden vor oder nach dem Durchschnitt ein. Dieses Mittel liegt an freien Tagen ungefähr bei Mitternacht. Die Mehrheit der Befragten fällt nach eigenen Angaben zwischen 23 und 1 Uhr in den Schlaf.

Dass es in Deutschland mehr Morgenmuffel als Morgenmenschen gibt, hängt vor allem damit zusammen, wie viel Tageslicht die Menschen morgens bekommen. Das hat auch mit dem Lebenswandel zu tun. »Morgens wenig Tageslicht, dann tagsüber im Homeoffice und abends künstliche Beleuchtung: Das verschiebt den Chronotyp nach hinten«, erklärt Philip Frieg von TÜV NORD. Deshalb gäbe es ohne künstliches Licht weniger Spättypen.

„Der Chronotyp ist nicht in Stein gemeißelt“, sagt der Psychologe. Er kann sich mit dem Lebenswandel ändern, mit dem Wohnort, mit der Jahreszeit – und mit dem Alter.Kinder wachen meist eher früh auf. In der Pubertät verschiebt sich die innere Uhr bis zu zwei, drei Stunden nach hinten. Den »spätesten« Chronotyp haben Jugendliche mit 16 bis 20 Jahren; danach geht der Trend wieder in die andere Richtung: Mit steigendem Alter werden Erwachsene morgens immer früher wach – und abends früher müde.

Philip Frieg empfiehlt, auf die Signale des Körpers zu achten. „Mit 20 hat man noch bis tief in die Nacht gefeiert. Mit 60 trifft man sich vielleicht lieber zum Kaffee.“ Aber egal welches Alter: „Wenn die innere Uhr gute Nacht sagt, sollte man darauf hören.“

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