Mit Kater ans Steuer?

Wenige machen sich Gedanken darüber, ob sie mit einem Kater überhaupt fahrtüchtig sind.

Bleierner Kopf, flaues Gefühl im Magen und kein klarer Gedanke möglich: So sieht die leidige Kehrseite eines berauschenden Abends aus – der Kater. Wer am Tag nach einer Feier mit dem Auto fahren will, sollte vorher unbedingt nachrechnen, ob der Alkohol vom Vorabend schon wieder abgebaut ist. Aber nur wenige machen sich Gedanken darüber, ob sie mit einem Kater überhaupt fahrtüchtig sind. 

Der promovierte Psychologe Ralf Buchstaller von TÜV NORD hat nachgeforscht: „Typischerweise setzt der Kater einige Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum ein und erreicht seinen Höhepunkt, sobald kein Restalkohol mehr im Blut ist“, erklärt er. Der Blutalkoholspiegel sinkt im Schnitt um 0,1 Promille pro Stunde, je nach körperlicher Verfassung schneller oder langsamer. Oft werde der Restalkohol unterschätzt, warnt Ralf Buchstaller. Aber selbst bei null Promille: „Wer verkatert ist, sollte das Auto besser stehen lassen.“

Denn unter einem Kater kann die geistige Leistungsfähigkeit und somit auch das Fahrvermögen leiden, lautete das Fazit einer britischen Übersichtsstudie vom vergangenen Jahr. Wie genau sich der Kater auf das Denken auswirkt, untersuchten Forschende um den Psychopharmakologen Andrew Scholey in Australien. Sie baten rund 350 Feiernde, die nachts in einem Vergnügungsviertel unterwegs waren, um einen Atemalkoholtest. Wer teilnahm, wurde außerdem eingeladen, am nächsten Tag einen Online-Test zu absolvieren, der Konzentration erforderte. Mehr als 100 folgten dem Aufruf. Ergebnis: Der ‚Hangover‘, wie der Kater im englischen Sprachraum heißt, schlug sich vor allem auf das Arbeitsgedächtnis nieder, also den Arbeitsspeicher des menschlichen Denkapparats. Und wie beim Computer geht das zulasten der Geschwindigkeit: Je höher der Blutalkoholspiegel am Vorabend, desto langsamer lösten die Versuchspersonen die Aufgaben.

Am besten erforscht ist der Kater bei niederländischen Studierenden. An der Universität Utrecht untersuchen Pharmakologen und Mediziner regelmäßig die Effekte von Drogen auf Alltagsfertigkeiten. Unter anderem testete ein Team um den Psychopharmakologen Joris Verster knapp 50 gesunde Freiwillige im Fahrsimulator – jeweils einmal nach einem nüchtern verbrachten Vorabend und einmal nach abendlichem Alkoholkonsum. Im letzteren Fall hatten die Versuchspersonen mit der 100 Kilometer langen Strecke im Fahrsimulator mehr Probleme. Im Schnitt wichen sie 1,85 Zentimeter von der Bahn ab, ungefähr so viel wie mit 0,5 Promille Alkohol im Blut, stellten Verster und sein Team fest.

Unter Müdigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen leidet die Leistungsfähigkeit bei einem Kater am stärksten, wie eine Umfrage unter mehr als 1800 Studierenden in einer anderen Utrechter Untersuchung ergab. Die Beschwerden verlaufen meist nach einem von drei Mustern. Der schwerste, vor allem bei Männern verbreitete Kater setzt auf dem Höhepunkt des Leidens ein und bessert sich dann kontinuierlich. Die zweite, eher unter Frauen verbreitete Form bewegt sich auf konstantem, niedrigerem Niveau. Bei der dritten Variante, die Männer und Frauen gleichermaßen trifft, werden die Beschwerden zunächst immer schlimmer und lassen dann wieder nach. Besonderes Kennzeichen: Übelkeit und andere Magen-Darm-Probleme.

Was die vielen unterschiedlichen Symptome verursacht, ist noch nicht restlos geklärt. Bekannt ist, dass Alkohol die Schlafarchitektur und damit die erholsame Nachtruhe stört – auch wenn man wie ein Stein zu schlafen meint. Außerdem sinkt der Blutzuckerspiegel; der Mineralstoffhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht, und es mehren sich Entzündungsmarker im Körper. Zusätzlich könnten alkoholische Substanzen beteiligt sein, die neben dem eigentlichen Ethanol in einigen Getränken enthalten sind. Die eingangs geschilderte Studie aus Australien fand aber keinen Hinweis darauf, dass bestimmte Alkoholika wie Whisky eher einen Hangover hinterlassen.

„Es kommt weniger auf die Sorte als vielmehr auf die Menge an“, sagt Ralf Buchstaller. Ein Kaffee zwischendurch kann deshalb unerwünschte Folgen haben. Mixt man Alkohol mit Wachmachern, so stellten zwei Übersichtsstudien aus Frankreich und Australien fest, wird man später müde, hat mehr Lust auf Alkohol und trinkt entsprechend mehr.

Der Psychologe von TÜV NORD empfiehlt vielmehr, spätestens zum Ende einer Feier auf Wasser umzusteigen. Das beugt nicht nur einer Dehydrierung und damit Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen vor. „Man trinkt dadurch unterm Strich weniger Alkohol. Und das ist die beste Methode, einem Kater zu entkommen.“

Über die TÜV NORD GROUP

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