Wer schneller geht, lebt länger

24. September 2020 | Mobilität: Ob man einen flotten Schritt hat, ist nicht nur eine Frage der Umstände und persönlichen Vorlieben. Große Langzeitstudien zeigen: Das Lauftempo lässt auf die Fitness schließen – und auf die verbleibenden Lebensjahre.

Ob man einen flotten Schritt hat, ist nicht nur eine Frage der Umstände und persönlichen Vorlieben. Große Langzeitstudien zeigen: Das Lauftempo lässt auf die Fitness schließen – und auf die verbleibenden Lebensjahre.

Wie schnell läuft ein Mensch normalerweise? Und wann darf man sich zu den Schnelleren zählen? „Das hängt natürlich von Geschlecht und Alter ab“, sagt der Psychologe Christian Müller von TÜV NORD. Am zügigsten gehen Männer mit Mitte 40; sie kommen im Schnitt auf 1,4 Meter pro Sekunde. Gleichaltrige Frauen sind im Mittel rund 0,1 Meter pro Sekunde langsamer. Ab der Lebensmitte nimmt die Geschwindigkeit ab. Als Mittsiebziger laufen Männer nur noch 1,2 und Frauen 1,1 Meter pro Sekunde.

Doch dabei handelt es sich lediglich um Durchschnittswerte. Das heißt: Gleichaltrige können sich in ihrem Lauftempo beträchtlich unterscheiden. Die schnellsten zehn Prozent erreichen selbst mit Mitte 70 noch 1,3 (Frauen) bis 1,4 (Männer) Meter pro Sekunde. Die langsamsten zehn Prozent schaffen nur rund 0, 8 (Frauen) bis 0,9 (Männer) Meter pro Sekunde.

Diese Unterschiede machen einiges aus. 2011 analysierte ein Team um Stephanie Studenski, heute Direktorin am National Institute on Aging in den USA, die Laufdaten von mehr als 34.000 Menschen ab 65 Jahren. Je flotter sie verglichen mit Gleichaltrigen liefen, desto größer ihre Chancen auf ein langes Leben. Ab 75 war der Zusammenhang besonders deutlich: Von den langsamsten Männern lebten zehn Jahre später nur noch 19 Prozent, von den schnellsten hingegen noch ganze 87 Prozent. Bei den Frauen waren es 35 versus 91 Prozent.

Beim Laufen beanspruchen wir Lunge, Herz, Kreislauf, Nervensystem und Bewegungsapparat, erklären Studenski und ihr Team. Schwächelt eines dieser Systeme, geht es oft auch mit dem Lauftempo bergab. Kein Wunder also, dass die Gehgeschwindigkeit die weitere Lebensdauer ebenso gut voraussagt wie chronische Krankheiten, Klinikaufenthalte, Tabakkonsum und Blutdruck zusammen.

Ein schneller Schritt lässt aber nicht nur auf die körperliche, sondern ebenso auf die geistige Fitness schließen. Das ist eines der Ergebnisse der neuseeländischen Dunedin Longitudinal Study, einer der berühmtesten Langzeitstudien der Welt. Im Alter von 45 Jahren absolvierten rund 900 Probandinnen und Probanden eine Runde auf dem Laufband. Die Langsameren unter ihnen waren schon stärker gealtert. Sie sahen älter aus, hatten schlechtere Blutwerte, und sie schnitten in Intelligenztests schlechter ab. Die langsamste Versuchsperson erreichte 16 IQ-Punkte weniger als die schnellste.

„Das ist die Hälfte von dem, was eine Hochbegabung von einem Durchschnitts-IQ unterscheidet“, erklärt der Psychologe Christian Müller. Aus Langzeitstudien in Schweden, Italien und den Niederlanden könne man sogar schließen, dass ein gemächlicher Schritt ein frühes Warnsignal für geistigen Verfall im Alter sein kann.

Ein flotter Schritt ist also ein gutes Zeichen. Man braucht die Geschwindigkeit nicht einmal objektiv zu messen – eine grobe Selbsteinschätzung genügt, wie die britische Biobank-Langzeitstudie zeigte. Mehr als 400.000 Probandinnen und Probanden, im Schnitt 58 Jahre alt, beschrieben dazu ihr übliches Lauftempo. Wer nach eigenen Angaben zügig unterwegs war, hatte eine höhere Lebenserwartung. Und je langsamer, desto wahrscheinlicher war es beispielsweise, innerhalb von neun Jahren an einer Herzkreislauferkrankung zu sterben – auch bei ansonsten gleichen Risikofaktoren. „In der Laufgeschwindigkeit spiegelt sich offenbar eine Facette der Gesundheit, die von den üblichen Risikofaktoren nicht erfasst wird“, sagt der Psychologe Christian Müller.

Einen besonderen Effekt des Laufens entdeckten der US-Biomediziner Earnest Greene und sein Team in Ultraschallaufnahmen der Halsschlagader von jungen Erwachsenen. Wie sie auf einer Konferenz berichteten, verursachte das Auftreten der Füße eine Art Rückstoß in den Arterien, und die Druckwelle versorgte das Gehirn der Versuchspersonen mit mehr Sauerstoff. Beim Radfahren konnten sie diesen Effekt nicht beobachten.

Je schneller der Schritt, desto stärker die Durchblutung? „So plausibel diese Theorie klingen mag: Warum Lauftempo und Fitness zusammenhängen, ist längst nicht geklärt“, lautet das Fazit von Christian Müller von TÜV NORD. Nur eines sei klar: „Ein flotter Schritt ist ein Indiz für körperliche und geistige Fitness.“

 

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