Wie der Hund entspannt im Auto mitfährt

23. Mai 2023 | Mobilität: Für viele Hunde ist Autofahren kein Problem, doch manche kommen im Fahrzeug einfach nicht zur Ruhe. Wie lässt sich der Hund rechtzeitig ans Autofahren gewöhnen?

Der Hund liegt unterwegs ruhig in seiner Box im Kofferraum – so sieht es im Idealfall aus, wenn Mensch und Tier gemeinsam im Auto unterwegs sind. Aber einige Vierbeiner können dabei nicht entspannen: Sie bellen, jaulen oder winseln. „Das zeigt, dass der Hund unter Stress steht“, sagt der promovierte Psychologe Ralf Buchstaller vom Medizinisch-Psychologischen Institut des TÜV NORD in Dortmund. Das Tier leide aber nicht nur dann, wenn es sich lautstark bemerkbar macht. Andere typische Merkmale sind zum Beispiel Unruhe, Hecheln, Sabbern und Erbrechen.

Ungefähr jeder vierte Hund hat beim Autofahren schon einmal solche Anzeichen von Stress gezeigt. Etwa einer von 15 Vierbeinern steht auf jeder Fahrt unter Stress, wie eine Befragung von rund 900 Hundehalterinnen und -haltern in Italien ergab. Die Wahrscheinlichkeit ist sogar viermal so groß, wenn ein Hund als Welpe nicht richtig ans Autofahren gewöhnt wurde.

Eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität in Wien beobachtete 18 Beagles auf ihrer ersten Autofahrt. Bei Fahrtbeginn schlug das Herz der Vierbeiner schneller, und in ihrem Speichel stieg der Pegel des Stresshormons Cortisol. Das gleiche geschah auch bei den folgenden Fahrten. Die Tiere gewöhnten sich offenbar nicht von allein an die ungewohnte Situation.

Den Ursachen auf den Grund gehen

Aber was hilft ihnen dann dabei? Um den richtigen Trainingsweg zu finden, versuchen Fachleute wie der Hundetrainer Martin Rütter zunächst, den Hund genauer zu verstehen. Hat er tatsächlich Angst vorm Autofahren? Liegt es daran, dass ihm dabei übel wird? Oder ist er einfach sehr aufgeregt? Jedes Verhaltensproblem sei individuell und müsse sorgfältig analysiert werden, raten auch der Tierarzt Michael Erhard und seine Kollegin Dorothea Döring-Schätzl von der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem Fachartikel.

Zuerst gilt es körperliche Ursachen auszuschließen. Zum Beispiel könnten die Gelenke beim Ein- und Aussteigen schmerzen. Lösung: eine stabile flache Rampe am Auto befestigen und einen Termin beim Tierarzt vereinbaren. Der Vierbeiner könnte aber auch unter Reiseübelkeit leiden: Manche Hunde reagieren sensibel darauf, wenn der Boden wackelt. Da kann es bereits helfen, ein bis zwei Stunden vor der Fahrt nicht mehr zu füttern. Außerdem wäre zu prüfen, ob ein rasanter Fahrstil oder laute Musik zum Unwohlsein beitragen. In jedem Fall sollte man bei ersten Anzeichen von Erbrechen anhalten und eine Pause machen.

Bellen aus Frust oder aus Vorfreude?

Eine weitere denkbare Ursache ist Aufregung. Womöglich ist der Hund aus dem Häuschen, weil er sich auf den langen Spaziergang freut, der häufig mit einer Autofahrt verbunden ist. Das Problem kennen Hundetrainerinnen und -trainer vor allem von unausgelasteten Tieren: Sie brauchen zunächst einmal im Alltag mehr Beschäftigung. Dann kann man versuchen, ihnen die Aufregung abzugewöhnen.

Wie das geht, zeigt TV-Coach Martin Rütter: Man setze sich mehrfach täglich mit dem Hund ins Auto, ganz so, als würde man zu einem Ausflug aufbrechen. Doch dann fährt man nicht los, sondern bleibt im parkenden Auto sitzen, bis der Hund sich beruhigt hat, weil er begreift, dass doch nichts passiert. Diese Prozedur sollte man täglich wiederholen – solange, bis sich der Vierbeiner sofort nach dem Einsteigen entspannt. Dann kommt die nächste Stufe: Motor starten. Und schließlich eine Runde fahren, aber ohne, dass am Ende der Tour irgendetwas Spannendes passiert.

Ein anderes hausgemachtes Problem ist Bellen aus Frust. „Das kann daran liegen, dass der Hund zuhause viel selbst bestimmen darf“, erklärt der Psychologe Ralf Buchstaller von TÜV NORD. „Er hat nicht gelernt, dass er auch mal warten muss.“ Wenn er nun auf die Rückbank oder in den Kofferraum verbannt wird, macht er seinem Ärger lautstark Luft. Dafür bekommt er in der Regel Aufmerksamkeit, was das Problem verstärkt. Für das Training heißt das: den Hund so lange ignorieren, wie er bellt – und dann loben, wenn er ruhig ist.

Ganz anders sieht es aus, wenn der Hund aus Angst Laut gibt. Die Angst kann viele Gründe haben. Er verbindet das Auto womöglich mit seiner ersten Fahrt als Welpe, als er von der Mutter und den Geschwistern getrennt und ins neue Zuhause transportiert wurde. Vielleicht führte auch eine Fahrt zum Tierarzt und er hat daraus gelernt, dass Autofahren für ihn unangenehm enden kann. Oder er findet den wackeligen Boden unheimlich und hatte nie die Möglichkeit, sich allmählich daran zu gewöhnen.

In solchen Fällen hilft eine Methode der Verhaltenstherapie, die systematische Desensibilisierung. „Dabei nähert man sich schrittweise der gefürchteten Situation an“, erläutert Ralf Buchstaller. Zu Beginn kann man zum Beispiel mit dem Hund neben dem parkenden Auto spielen und ihn etwas aus seiner Transportbox im Kofferraum holen lassen. Die nächsten Schritte – in der Box bleiben, Motor laufen lassen, losfahren – folgen jeweils erst dann, wenn das Tier die vorige Stufe entspannt meistert. Es kann deshalb einige Wochen dauern, bis eine erste kurze Fahrt möglich ist. Das Training sollte immer so gestaltet sein, dass er dabei keine Angst bekommt.

Dem Welpen das Autofahren beibringen

Ebenso geht man vor, wenn man einen Welpen ans Autofahren gewöhnen will. Im Idealfall hat das bereits der Züchter oder die Züchterin erledigt. Wenn nicht, macht man den Vierbeiner am besten zunächst in der Wohnung mit seiner künftigen Transportbox vertraut. Dazu kann man immer wieder Futter in die Box werfen. Bleibt er darin entspannt sitzen, kann man die Tür erst kurz, dann länger schließen. Als nächstes sollte der Hund das parkende Auto von außen und innen in Ruhe kennen lernen dürfen. Dann kann die Box ins Auto und dort mit Futter bestückt werden, um das Tier erneut auch hier zu locken. Schließlich kommen Türklappen und Motorgeräusche dazu – und die erste kurze Fahrt.

Auch hier gilt laut Ralf Buchstaller: Erst wenn der Hund bei einer Übung ruhig und gelassen bleibt, folgt die nächste Schwierigkeitsstufe. Der Psychologe rät außerdem, anfangs viele Pausen zu machen und ein Stück zu laufen oder ein Spiel anzubieten: Die Bewegung baut Stress ab. „Und nach der ersten Fahrt sollte sich der Welpe ausruhen dürfen, um die ungewohnten Erfahrungen zu verarbeiten.“

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